DE EN CZ

Fünf knallharte Fragen für Gießereien

Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auch in der Gießereibranche. Da Nachhaltigkeitskriterien aber noch nicht routinemäßig in den Einkaufskriterien aller Abnehmer von Gussprodukten angekommen sind, wird Nachhaltigkeitsangaben von Lieferanten momentan nicht immer auf den Zahn gefühlt.

Das wird sich allmählich ändern. Und dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Wer meint es ernst und macht tatsächlich Fortschritte, wer betreibt nur Greenwashing?

Hier bei Römheld & Moelle sind wir der Ansicht, dass nur Transparenz und rigorose Quantifizierung echte Fortschritte bei der Nachhaltigkeit bewirken. Harte Fragen von außen helfen, es immer besser zu machen (und sich dabei nichts vorzumachen).

Harte Fragen von außen – dazu war bei uns kürzlich ein Großkunde zum Nachhaltigkeits-Audit zu Besuch. Hier sind unsere Top 5 Fragen, vor denen alle, die es ernst meinen, keine Angst haben müssen, da sie ehrliche Bestrebungen offenlegen und Verbesserungs­potenzial aufzeigen.

Frage 1: Wo liegen in Ihrer Gießerei die Chancen, wo die aktuellen Herausforderungen?
Warum ist das eine gute Frage? Wer es ernst meint, weiß, wo leichte Beute zu machen ist, ist sich aber auch der größten Baustellen bewusst. Gute Nachhaltigkeitsarbeit heißt, Herausforderungen offen anzusprechen, auch wenn es noch keine Lösung gibt.

Bei uns ist das momentan unter anderem die Tatsache, dass wir in der 3D-Sanddruck-Produktion nur Neusand einsetzen können (dafür verwenden wir in der Handformerei überhaupt keinen Neusand mehr).

Chancen sehen wir zum Beispiel in der Digitalisierung unseres bereits sehr effizienten Elektroschmelzbetriebs. Wir gehen davon aus, durch smarte Prozesssteuerung und den Einsatz von KI-Tools noch weitere Energieeinsparpotentiale heben zu können.

Frage 2: Wie ist das Nachhaltigkeitsmanagement in Ihrer Gießerei strukturiert?
Warum ist das eine gute Frage? Wenn Nachhaltigkeit nur ein Nebenprojekt von vielen ist, wird es in der Regel nicht systematisch und konsistent angegangen. Eine interne Abteilung mit klarem Auftrag und der Lizenz, überall unter die Haube zu schauen, ist wichtig. Bei uns ist die kleine, aber feine Nachhaltigkeitsabteilung zudem direkt der Geschäftsführung unterstellt. In der Praxis erhöht das die Kooperationsbereitschaft im Unternehmen und hilft bei der Implementierung von Maßnahmen.

Die Einbettung des Nachhaltigkeitsteams in die Gießerei ist wichtig, um technische und unternehmensspezifische Zusammenhänge ausreichend zu verstehen – aber auch externe Unterstützung hilft, insbesondere bei sehr speziellen Aufgabestellungen. Verbandsarbeit, Berater, Standardisierungsinitiativen – das alles hilft beim schnellen Lernen und zielführendem Arbeiten.

Frage 3: Orientiert sich Ihre Nachhaltigkeitsarbeit an anerkannten Standards und wird die Datenerhebung/Berichterstattung extern verifiziert?
Warum ist das eine gute Frage? Anerkannte Standards machen Daten vergleichbar und zwingen dazu, alle Bereiche des Unternehmens zu beleuchten und abzuklopfen. Wer sich dem verpflichtet (und das durch externe Checks belegen kann), kann unangenehme Wahrheiten nicht verstecken. Standardisierte Methoden zur Treibhausgasbilanzierung stellen Vergleichbarkeit und Robustheit der Daten sicher.

Hier bei Römheld & Moelle haben uns die Standards zur Berichterstattung eine Struktur an die Hand gegeben, mit der wir systematisch alle Aspekte der Produktion und des Betriebs erfassen konnten. Dadurch wissen wir, dass wir nichts Wichtiges übersehen haben. Unseren neusten Nachhaltigkeitsbericht gibt es übrigens hier.

Frage 4: Erfassen Sie Ihren Corporate Carbon Footprint und Product Carbon Footprint? Werden dabei nur Scope 1 und 2 berücksichtigt oder auch Scope 3?
Warum ist das eine gute Frage? Weil sie zeigt, ob Emissionen ganzheitlich betrachtet und angepackt werden. Die Frage nach den Scopes gibt Aufschluss darüber, wie intensiv sich die Gießerei schon mit der Emissionserfassung auseinandergesetzt hat. Emissionen im Scope 3 zu erheben ist aufwendig. Wer das ehrlich zugibt, Details zur Analyse geben kann, oder gut begründen kann, warum Scope 3 noch nicht Fokus der Arbeit ist, zeigt, dass sich schon gut in das Thema eingearbeitet wurde.

Wir bilanzieren Treibhausgase nach dem GHG Protocol und berichten in unserem Nachhaltigkeitsbericht zu den zwanzig Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex sowie GRI-Indikatoren (2022). Wir erfassen unseren Corporate Carbon Footprint und rechnen ihn auf die Tonne guten Gusses um. Damit reflektiert der Product Carbon Footprint alle vom Unternehmen verursachten Scope 1 und 2 Emissionen. Etwa auch die, die von Ausschuss und Kreislaufmaterial verursacht werden. Das geht, da wir vereinfacht betrachtet nur ein Produkt haben (Eisenguss), verdeckt aber Unterschiede zwischen Verfahren, etwa Vollformguss, Hohlformguss und 3D-Sanddruck. An der Erfassung von Scope 3 arbeiten wir gerade.

Frage 5: Haben Sie schon Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen gesetzt und entsprechende Maßnahmen definiert? Welche Rolle nehmen dabei neue Technologien und Kompensation ein?
Warum ist das eine gute Frage? Ziele setzen heißt, dass man sich zu einem Pfad verpflichtet und sich damit auch rechenschaftspflichtig macht. Maßnahmen definiert zu haben, zeigt, dass man vom Erheben und Planen ins Handeln übergeht. Kompensation sollte nie den Übergang zu besseren Technologien und Prozessen ersetzen; daher ist auf die Balance zwischen beiden zu achten. Wer sich nur freikauft, macht etwas falsch.

Bei uns hat die frühe Elektrifizierung des Schmelzbetriebs den größten Unterschied bei der CO2-Reduktion gemacht. Dadurch konnten wir durch Umschalten auf Ökostrom schlagartig den größten Emissionsposten in der Gießerei eliminieren. Ausruhen werden wir uns darauf aber nicht. Durch unser zertifiziertes Energie- und Umweltmanagementsystem arbeiten wir fortlaufend daran, die Umweltauswirkungen zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern. Weitere quantifizierbare Ziele zur Dekarbonisierung sind in Arbeit.

FAZIT: Auch energieintensive Unternehmen wie Gießereien können Nachhaltigkeit gefahrlos ernst nehmen. Unsere Kundenaudits der letzten zwölf Monate haben gezeigt, dass die Qualität der Nachhaltigkeitsarbeit von Zulieferern zunehmend unter die Lupe genommen wird. Wer noch nicht so weit ist, darf sich gern unsere harten Fragen hier zur Anregung nehmen.